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Fundfahrzeug kein Finderlohn – Kein Herausgabeanspruch bei geparktem Audi Q8

OLG Celle, 26.02.2025 – 14 U 53/24

§ 854 Abs. 1 BGB § 868 BGB § 958 BGB § 965 Abs. 1 BGB § 973 Abs. 1 BGB § 985 BGB

Leitsätze

  1. Ein verschlossenes, ordnungsgemäß abgestelltes Fahrzeug auf öffentlichem Grund ist keine verlorene Sache iSd § 965 I BGB.

  2. Das „Ansichnehmen“ im Sinne des Fundrechts (§ 965 BGB) setzt unmittelbaren Besitz voraus. Der bloße Hinweis an die Polizei ersetzt keine Besitzergreifung.

  3. Ein Herausgabeanspruch aus § 985 BGB scheidet aus, wenn weder Eigentum noch Besitz iSd §§ 854, 873, 958, 973 BGB dargetan ist.

Was ist passiert?

Ein Mann hatte im Januar 2022 in einem Industriegebiet in Niedersachsen einen ordnungsgemäß geparkten und verschlossenen Audi Q8 entdeckt, der dort augenscheinlich „seit längerer Zeit“ stand. Er meldete das Fahrzeug über die Online-Wache der Polizei und machte Eigentumsansprüche geltend. In der Folge kontaktierte er auch die zuständige Stadtverwaltung und berief sich auf das Fundrecht.

Die Kommune ließ den Wagen wenig später abschleppen und verwahrte ihn auf ihrem Betriebshof. Nach eigener Prüfung ging sie davon aus, dass dem Mann kein Anspruch auf Herausgabe zustehe. Sie verweigerte die Herausgabe und erhob vorsorglich eine sogenannte negative Feststellungsklage gegen ihn. Ziel: die gerichtliche Klärung, dass keine Herausgabepflicht gegenüber dem Finder besteht. In erster Instanz verlor die Kommune, sie legte Berufung ein.

Entscheidung des OLG

Das OLG entschied zugunsten der klagenden Kommune: Sie sei nicht verpflichtet, dem Beklagten den Audi Q8 herauszugeben. Das Gericht stellte klar, dass das Fahrzeug weder herrenlos noch „verloren“ iSd BGB war. Es sei verschlossen und offenbar ordnungsgemäß abgestellt worden. Dass es längere Zeit nicht bewegt wurde, spreche nicht zwingend für eine Besitzaufgabe.

Auch ein Eigentumserwerb durch Fund nach § 973 BGB sei nicht erfolgt. Der Beklagte habe das Fahrzeug nie „an sich genommen“. Hierfür müsse zumindest unmittelbarer Besitz begründet werden, z.B. durch Inbesitznahme oder Abschleppen auf ein eigenes Grundstück. Ein bloßer Hinweis an Polizei oder Kommune reiche nicht aus. Auch eine mittelbare Besitzbegründung über die Stadtverwaltung als Besitzmittlerin liege nicht vor.

Das Gericht machte deutlich: Wer Rechte als Finder geltend machen will, muss die Sache tatsächlich in Besitz nehmen. Der Anspruch auf Eigentumserwerb durch Fundrecht steht nicht jedem zu, der eine abgestellte Sache meldet.

Bewertung

Das Urteil unterstreicht, dass das Fundrecht keine Einladung zum „Finderlohn bei geparkten Fahrzeugen“ ist. Ein ordnungsgemäß abgestellter und verschlossener Pkw ist kein Fundgegenstand. Wer ihn nur meldet, wird dadurch nicht automatisch zum Finder. Der Begriff des „Ansichnehmens“ iSd § 965 BGB verlangt tatsächliche Besitzergreifung. Wer weder Schlüssel noch Zugriff hat, kann auch keinen Herausgabeanspruch begründen.

Das Urteil schafft Rechtsklarheit für Kommunen, die bei aufgegeben wirkenden Fahrzeugen handeln müssen. Es stellt zugleich sicher, dass das Fundrecht nicht zur Umgehung des Eigentumsschutzes missbraucht werden kann.

Andere Urteile zum Thema

BGH, 23.09.2022 – V ZR 148/21

https://www.bundesgerichtshof.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2022/2022138.html
 
BGH, 18.09.2020 – V ZR 8/19
 
https://www.bundesgerichtshof.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2020/2020122.html
 

Quellen

https://voris.wolterskluwer-online.de/browse/document/e7c8ca6e-6819-4558-9dfd-28f0989f210a

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