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Keine Minischweine in Allgemeinem Wohngebiet

OVG Koblenz, 05.02.2025 – 8 A 11067/24.OVG

§ 30 BauGB; § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB; § 31 Abs. 2 Nr. 3 BauGB; § 14 I BauNVO

Leitsätze:

  1. Eine Nutzungsuntersagung nach § 81 S. 1 LBauO ist auch dann zulässig, wenn eine Nutzung nicht lediglich formell, sondern auch materiell baurechtswidrig ist.

  2. Die Haltung von Minischweinen in einem allgemeinen Wohngebiet verstößt gegen die Eigenart des Baugebiets gem. § 4 BauNVO und ist keine typische Freizeitbetätigung im Rahmen einer Wohnnutzung.

  3. Eine Befreiung nach § 31 II BauGB scheidet aus, wenn die Tierhaltung die Grundzüge der Planung verletzt und keine städtebaulich vertretbare Lösung darstellt.

Was ist passiert?

Die Kläger hielten auf ihrem Grundstück in einem allgemeinen Wohngebiet zwei Minischweine in einer Hütte mit Freigehege. Die Bauaufsichtsbehörde untersagte die Nutzung der baulichen Anlage zur Schweinehaltung mit Bescheid vom 29. November 2023 und drohte ein Zwangsgeld an. Die Begründung: Die Haltung von Minischweinen sei mit der Gebietsart unvereinbar, da sie gegen die Bestimmungen der BauNVO verstoße.

Das Verwaltungsgericht bestätigte die Rechtmäßigkeit der Nutzungsuntersagung und wies die Klage ab. Dagegen stellten die Kläger einen Antrag auf Zulassung der Berufung. Sie argumentierten insbesondere, dass Minischweine als Haustiere einzuordnen seien und ihre Haltung mit der Wohnnutzung vereinbar sei. Zudem würde die Nutzung das Wohngebiet nicht stören und sei für ihre schwerbehinderte Tochter therapeutisch notwendig.

Entscheidung des OVG:

Das OVG hat den Antrag auf Zulassung der Berufung als unbegründet zurückgewiesen. Es stellte fest, dass die Haltung von Minischweinen nicht unter die in § 14 BauNVO erlaubte Kleintierhaltung falle. Maßgeblich sei, ob die Tierhaltung in einem allgemeinen Wohngebiet üblich sei und nicht der Eigenart des Baugebiets widerspreche.

  • Minischweine seien trotz ihrer geringen Größe nicht als typische Haustiere wie Hunde oder Katzen anzusehen. Sie würden wegen ihrer Geräusche und Geruchsbelästigungen die Wohnruhe beeinträchtigen. Das Gewicht von 65 bis 150 kg pro Tier und der Umstand, dass sie sich das ganze Jahr über im Freien aufhielten, führten zu einer unzumutbaren Belastung der Nachbarn.
  • Auch das Argument der therapeutischen Nutzung wurde nicht als durchgreifend erachtet. Die Kläger hätten nicht nachgewiesen, dass es sich um ausgebildete Therapietiere handele. Zudem sei das Baurecht grundstücksbezogen, sodass persönliche Verhältnisse nicht entscheidend seien.
  • Schließlich sei die Nutzungsuntersagung nicht ermessensfehlerhaft. Eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB sei ausgeschlossen, da die Tierhaltung die städtebauliche Planung grundlegend verletze. Der Bebauungsplan sehe keine Stallungen oder Kleintierhaltungen vor, die über das Wohnakzessorium hinausgingen. 
  • Auch die Androhung des Zwangsgelds von 2.500 Euro pro Tier sei nicht zu beanstanden, da sie der effektiven Durchsetzung des Baurechts dienen.

Bewertung:

Das Urteil des OVG ist eine konsequente Bestätigung der geltenden baurechtlichen Grundsätze. Es zeigt, dass die Nutzung von Wohngebieten strikt an deren planungsrechtliche Bestimmungen gebunden ist. Auch wenn Minischweine als Haustiere gehalten werden können, so stellen sie doch eine besondere Form der Tierhaltung dar, die nicht ohne Weiteres mit einer Wohnnutzung vereinbar ist. Insbesondere in eng bebauten Wohngebieten können Geruchs- und Lärmbelästigungen zu erheblichen Störungen führen.

Die Entscheidung stellt zudem klar, dass das Baurecht grundstücksbezogen ist und persönliche Interessen der Eigentümer nicht entscheidend sind..

Ob das Urteil zu einer vermehrten bauaufsichtlichen Kontrolle von Nutztierhaltungen in Wohngebieten führen wird, bleibt abzuwarten.

Andere Urteile zum Thema:

VG Frankfurt/Oder, 05.10.2022 – 5 L 270/22

OLG München, 07.10.2024 – 21 U 454/23

Quellen

Urteil

https://www.landesrecht.rlp.de/bsrp/document/NJRE001600967

Bild

https://unsplash.com/de/fotos/eine-gruppe-schweine-in-einem-gehege-vMjrs3C50d8

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