Juracard

Vom Cocktailshaker ins Klassenzimmer:
Keine Anerkennung der Vordienstzeit

VG Aachen, 20.01.2025 – 1 K 2377/23

Leitsätze

  1. Die Einstufung in eine Besoldungsstufe erfolgt strikt nach § 29 II LBesG NRW. Frühere Tätigkeiten im Angestelltenverhältnis haben keinen automatischen Einfluss, da unterschiedliche Regelungssysteme gelten.
  2. Nach § 30 LBesG NRW können frühere Tätigkeiten nur anerkannt werden, wenn sie nachweislich für die Laufbahn förderlich sind. Ein Cocktailkurs oder VHS-Schulungen genügen hierfür nicht, da sie nicht die für den Lehrerberuf typischen Qualifikationen vermitteln.
  3. Eine Anerkennung zusätzlicher Zeiten nach § 30 I 4 LBesG NRW erfordert eine außergewöhnliche Qualifikation und ein besonderes dienstliches Interesse. Allgemeine Berufserfahrung außerhalb des Schulbereichs reicht dafür nicht aus.

Was ist passiert?

Der Kläger, seit dem 1. November 2022 Beamter auf Probe und Lehrer (A 12), begehrte die Anrechnung von Vordienstzeiten bei der Festsetzung seiner Erfahrungsstufe.

Er absolvierte ein Studium der Sportwissenschaft und war in der Zeit von 2008 bis 2020 Betriebsleiter einer von ihm und seiner Ehefrau gegründeten GbR. Die GbR bot Cocktailkurse als Weiterbildungsmaßnahme für die Gastronomiebranche an. Darüber hinaus war der Kläger an weiteren gastronomischen Projekten beteiligt.

Im August 2020 wurde er als Lehrkraft eingestellt und berufsbegleitend zum Lehrer ausgebildet. Das beklagte Land stufte ihn bei seiner Einstellung als Angestellten in Stufe 1 ein. Im Rahmen seiner späteren Verbeamtung auf Probe wurde ihm die Erfahrungsstufe 4 zugewiesen, wobei der geleistete Zivildienst angerechnet wurde. Weitere berufliche Vortätigkeiten wurden jedoch nicht anerkannt.

Der Kläger legte Widerspruch ein und argumentierte, dass seine Tätigkeit als Betriebsleiter der GbR berücksichtigt werden müsse, da er Schulungen und Kurse durchgeführt habe. Das beklagte Land lehnte dies mit der Begründung ab, dass die Lehrtätigkeit an einer Volkshochschule und Schulungen im Gastronomiebereich nicht mit dem Lehrerberuf an einer Schule vergleichbar seien.

Entscheidung des Gerichts

Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab. Es bestätigte, dass das beklagte Land ermessensfehlerfrei entschieden habe.

  1. Keine Bindung an die vorherige Einstufung als Angestellter:

    • Die Besoldung von Beamten unterliegt anderen gesetzlichen Regelungen als die tarifliche Vergütung von Angestellten.

  2. Keine Förderlichkeit der Vortätigkeit:

    • Die Tätigkeit des Klägers in der GbR wurde nicht als förderlich angesehen, da die Schulungen nicht mit dem Lehrbetrieb an einer Schule vergleichbar seien.

    • Insbesondere fehle es an einer Übereinstimmung mit der pädagogischen und didaktischen Ausbildung für das Lehramt.

  3. Kein besonderer Einzelfall:

    • Ein Anspruch auf Anerkennung nach der Regelung für besondere Einzelfälle besteht nicht. Die Ausbildung des Klägers über den Seiteneinstieg und seine vorherige Berufserfahrung reichen dafür nicht aus.

Das Gericht kam zu dem Schluss, dass die Entscheidung des beklagten Landes rechtmäßig war. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine höhere Einstufung in Erfahrungsstufe 7 ab dem 1. November 2022.

Klausur- und Examensrelevanz

Links und Quellen:

Urteil:

https://nrwe.justiz.nrw.de/ovgs/vg_aachen/j2025/1_K_2377_23_Urteil_20250120.html

Bild: https://unsplash.com/de/fotos/mann-giesst-getrank-ein-j5SwUbcgeyA

No responses yet

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Letzte Kommentare

Es sind keine Kommentare vorhanden.