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Zustandsnote beim Oldtimer-Kauf: BGH verschärft Haftung für Verkäufer

BGH, 23.07.2025 – VIII ZR 240/24

§ 434 Abs. 1, 2 S. 1 Nr. 1 BGB, § 444 BGB

Leitsätze

  1. Die Angabe einer Zustandsnote im Zusammenhang mit der Beschreibung des Erhaltungszustands eines Oldtimers begründet regelmäßig eine Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne von § 434 Abs. 1, 2 S. 1 Nr. 1 BGB bzw. § 434 Abs. 1 S. 1 BGB a.F.

  2. Auch im Privatverkauf gilt: Wer eine Zustandsnote nennt, übernimmt grundsätzlich die Gewähr dafür, dass der Oldtimer diesem Zustand entspricht, sofern keine besonderen gegenteiligen Umstände vorliegen.

  3. Ein vertraglich vereinbarter Gewährleistungsausschluss greift nicht, soweit eine Beschaffenheitsvereinbarung besteht (§ 444 BGB).

Sachverhalt

Ein Käufer erwarb 2020 von einem privaten Verkäufer einen MG Typ B Roadster, Baujahr 1973, mit H-Kennzeichen. Der Verkäufer hatte das Fahrzeug in einer Onlineanzeige mit der Zustandsnote „2–3“ beschrieben, auf seine langjährige Pflege hingewiesen und ein „technisch einwandfreies“ Fahrzeug versprochen. Im Kaufvertrag hieß es wörtlich: „– siehe Gutachten – Note 2–3“. Zwei Gutachten aus 2011 („2,0“) und 2017 („3–“) lagen vor.
Als der Wagen 2022 den TÜV nicht mehr bestand – unter anderem wegen Korrosionsschäden an Bodengruppe, Schwellern und Radhaus – trat der Käufer vom Vertrag zurück und verlangte Rückzahlung des Kaufpreises. Landgericht und OLG Hamburg wiesen die Klage ab, da sie keine verbindliche Beschaffenheitsvereinbarung sahen.

Entscheidung

Der VIII. Zivilsenat des BGH hob das Urteil des OLG Hamburg auf und bejahte das Vorliegen einer Beschaffenheitsvereinbarung.

Zustandsnoten seien im Oldtimerhandel branchenüblich und hätten maßgeblichen Einfluss auf Wert und Kaufpreis. Aus Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers beinhalte die Angabe „2–3“ die Zusicherung, dass das Fahrzeug sich im Zeitpunkt des Verkaufs in einem entsprechenden Erhaltungszustand befinde – unabhängig davon, ob der Verkauf privat erfolge.

Besondere Umstände, die gegen eine solche Vereinbarung sprechen könnten, lagen nicht vor. Vielmehr spreche die Bildung eines Mittelwerts zwischen den beiden Gutachten dafür, dass der Verkäufer einen verbesserten Zustand gegenüber dem letzten Gutachten zusagen wollte.

Da eine Beschaffenheitsvereinbarung vorlag, konnte sich der Verkäufer nicht auf den vereinbarten Gewährleistungsausschluss berufen. Das OLG muss nun prüfen, ob das Fahrzeug tatsächlich dem zugesicherten Zustand entsprach.

Bewertung

Die Entscheidung ist ein wichtiger Prüfungsfall für Studium und Examen. Sie verdeutlicht, dass schon scheinbar unverbindliche Zustandsangaben – gerade beim wertbestimmenden Kriterium „Zustandsnote“ – weitreichende Rechtsfolgen auslösen.

Verkäufer, auch Privatpersonen, müssen sich darauf einstellen, an ihre eigenen Angaben gebunden zu sein.

Für Käufer eröffnet die Entscheidung bessere Chancen, trotz Gewährleistungsausschluss Gewährleistungsrechte durchzusetzen. Der Fall ist ein Paradebeispiel für die praxisrelevante Auslegung von § 434 BGB und wird wohl bald in Examensklausuren auftauchen.

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Klausurrelevanz

Quellen

https://www.bundesgerichtshof.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2025/2025143.html

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